Tuesday 8 November 2011

Fat Activism

Fat Activism bzw. Fat Acceptance ist ein Thema, mit dem ich mich viel auseinander setze, vor allem da ich der Meinung bin, dass hier in Deutschland diese Bewegung praktisch verloren geht.
Aber was ist Fat Activism eigentlich? 

In Amerika hatte Fat Feminism seinen Anfang in den 70ern, als der Feminismus der zweiten Welle sich in seinen Blütejahren befand. Viele Frauen forderten Unabhängigkeit von allen als "weiblich" gekennzeichneten Merkmalen und Körperfett wurde dementsprechend dazugezählt.
Frauen wie Judy Freespirit (siehe Fat Liberation Manifesto) oder Sara Fishman begannen gegen die Diskriminierung von Körpern zu kämpfen und wurden (meistens jedenfalls) ignoriert.
Institutionen wie die NAAFA ("National Association to Advance Fat Acceptance") kämpfen bis heute gegen die Diskriminierung von Männern und Frauen aufgrund ihres Körpergewichts, mit mehr oder weniger Erfolg. Doch auch die "kleinen" in der amerikanischen Gesellschaft geben nicht auf. Viele Blogs, Zeitschriften und Akademiker behandeln in ihren Artikeln und Aufsätzen das Thema "Fat" unter zahlreichen Gesichtspunkten.

Quelle
Viele Frauen und Männer gehen in Amerika auf die Straßen um zu demonstrieren und ihren Platz in der Gesellsschaft einzufordern - und was passiert hier?
Klar, was Demonstrationen oder akademische Aufsätze angeht (und das weiß ich nach meiner Bachelorarbeit 100%ig) leider wenig bis gar nichts.
Aber jede einzelne Fette Frau, die auf die Straße geht, ohne sich zu schämen wehrt sich. Wie oft muss man sich irgendwelche Sprüche anhören? Selbst von seinen Freunden ("Aber ich meins ja nur gut!") oder von Ärzten ("Denken Sie an Ihre Gesundheit!") oder von neuen Bekanntschaften ("Du hast wenigstens ein hübsches Gesicht...") - die Liste lässt sich unendlich fortführen. Diesem Hate Talk sind die meisten von uns ausgesetzt, mal mehr mal weniger, aber ich habe selten eine/n Fette/n getroffen dem es anders ergangen sind (wobei die Männer natürlich anders diskriminiert werden als Frauen).

Quelle
Und was ich so tue? Ich gehe nicht demonstrieren :D Würde ich aber, sollte sich das jemals ergeben!
Aber ich sehe jeden Tag als kleine Demonstration - indem ich anziehe was ich möchte, und nicht was mir die Modeindustrie oder diverse ältere Damen (ist mir tatsächlich schon passiert!) vorschreiben und indem ich aufrecht und selbstbewusst durch die Welt gehe beanspruche ich meinen Platz. Ich leugne nicht mein Gewicht und kommentiere oben genannte Aussagen nicht mit einem "Danke".

Quelle
 Meine Bachelorarbeit habe ich über die Darstellung von Frauen in britischen Massenmedien am Beispiel von "How to Look Good Naked" (Channel 4) geschrieben und habe immer wieder merken müssen wie "einzigartig" sowas in Deutschland leider noch ist. In den USA oder vielleicht auch Großbritannien wäre ich eventuell nicht auf eine solche Resonanz gestoßen, da dort Arbeiten zu solchen Themen viel häufiger sind.

Kommentare von Freunden muss ich mir mittlerweile auch nicht mehr anhören - die meisten haben akzeptiert, dass in meiner Gegenwart nicht über Diäten oder "Ich-bin-zu-fett" geredet wird (oder zumindest sehr wenig). Und zu denjenigen, die es nicht akzeptieren konnten/wollten, musste ich leider den Kontakt abbrechen, da ich immer mehr merke wieviel besser man sich fühlt, wenn einem nicht konstant vermittelt wird, man müsste sich schämen oder zumindest schlecht fühlen über seinen Körper.

Und zu neuen Ärzten sage ich direkt beim ersten Termin, dass ich keine Kommentare bezüglich meines Gewichts akzeptiere und wenn er/sie das nicht kann/will, werde ich leider nicht mehr wiederkommen können. Bis jetzt habe ich aber zum Glück keine Grundsatzdiskussion mit einem Arzt halten müssen ;)

Macht ihr ähnliche Dinge bewusst/unbewusst? Oder habt andere Erfahrungen?

Bis demnächst,
xxMaria

PS. Noch ein paar Tipps zum Lesen:

http://red3.blogspot.com/
http://kateharding.info/
http://www.bigfatblog.com/
http://www.therotund.com/

8 comments:

  1. Es ist wirklich erstaunlich, dass es hier gar nichts vergleichbares gibt, aber na gut, die ganze Feminismusdebatte ist hier ja auch ziemlich anders, so weit ich das mitbekommen habe. Hier heißt Feminismus doch irgendwie automatisch Emma/Alice Schwarzer. Aber ich komme vom Thema ab.
    Ich weiß nicht *wie* ich es schaffe, aber mit mir möchte tatsächlich nie jemand über mein Gewicht reden. Meine engsten Freundinnen sind selbst dick, die Familie zu der ich noch Kontakt habe kennt mich nur so und weiß auch dass ich mir eh nichts sagen lasse, mein Mann ist auch dick...
    Gut klar, in der Schule hatte ich eine harte Zeit und wurde gemobbt, weswegen ich ziemlich aus allen Wolken gefallen bin, weil ich mich absolut okay vorkam.
    Ich glaube, wenn ich heute Probleme habe, mache ich mir die selbst, weil ich paranoid bin. ;)
    (Apropos, wo ich das gerade schreibe spuckt mein Winamp mir "You're the one for me fatty" von Morrissey aus. Mensch. xD)

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  2. Ich glaube auch, dass viele Frauen (Männer sowieso) eine falsche Auffassung von Feminismus haben. Entweder sie denken Feministen sind Frauen die lesisch sind, weil sie Angst vor Männern haben oder (was ich fast noch schlimemr finde) sie denken Serien wie "Sex and The City" würde selbsbewusste und kritisch denkende "moderne" Frauen darstellen. (Jeder kann sehen was er möchte und ich will mir kein Urteil über die Serie machen, aber mich nervt es, dass so viele denken es wäre eine moderne Form des Feminimus ^^)

    Aber das ist ja auch keine Abschweifung sondern auch Teil des Problems - Frauen wollen so sein wie die Medien sie uns darbieten: schlank, sexy und selbstständig. Und wenn eine mal zunimmt (siehe Christina Aguilera) wird sie durch alle Medien zerissen. Wie sollen sich dann erst Frauen die 150kg wiegen wohl fühlen? (Fast) Jeder Mensch verurteilt sie für ihr "Versagen" und macht das Leben unnötig schwer.
    Und das fängt schon oft sogar vor der Schulzeit an (zB durch Kinderbücher wie "Maggie goes on a diet") - war bei mir leider nicht anders.

    PS. jetzt hab ich mir den Song mal wieder angehört - hab schon fast vergessen wie schön Morrissey ist ;)

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  3. Eine Fernsehserie mit der Wirklichkeit verwechseln ist eh eine üble Sache. ;)

    Du meinst Feminismus als Synonym für perfekt gestylte, wunderschöne, clevere und charmante Frau in High Heels? Ich hab ja als Klischee (nicht für mich) immer noch die Frau in Lagenlook im Kopf die nie lacht. Aber bei dem heutigen Perfektionismusdrang (z.B. Augenbrauen die aussehen die mit dem Geodreieck gezeichnet) ist das natürlich naheliegend.

    Bei den Medien kann man das fast noch entschuldigen. (Nein eigentlich nicht, aber die sind eh kaum ernstzunehmen.) Da wird ja alles gnadenlos angeprangert was nicht der "Norm" entspricht: zu dick, zu dünn, graue Haare, Achselhaare, zu sexy, zu wenig sexy, nach der Schwangerschaft ist sie ja wieder soooo schlank etc. Der Witz ist, dass sich viele über solche Berichte aufregen, sie aber dennoch konsumieren.

    Macken sind generell total out, ich würde da nicht mal beim Dicksein aufhören. Wobei das Problem wirklich eher weiblich ist.
    Das klingt wirklich nach einen tollen Kinderbuch. Oo

    Oh, dann solltest du ihm unbedingt mehr Aufmerksamkeit widmen. ;)

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  4. was bedeutet das "WLS" auf dem plakat von der einen frau?=)

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  5. achsooo..auch so magenbänder undso ne?
    bin ich auch dagegen ehrlich gesagt... ich hab n horror davor mich aufschneiden zu lassen.... würd mich lieber um die ganze welt jagen lassen T__T"

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  6. Du sprichst mir wirklich so aus der Seele. Ich bin 17 Jahre alt & "fett". Als ich noch zur Schule ging, musste ich mir jeden Tag dumme Sprüche anhören. Alle Menschen um mich herum haben mir das Gefühl gegeben wertlos zu sein, hässlich zu sein. Dann hat mich meine Mutter auch noch in einen Abnehmkurs gesteckt (da war ich 13 oder so). Da mussten wir uns immer wiegen lassen wie schlachtreife Kühe und wehe man hat zugenommen gehabt, dann war das so ein Drama. Ich hab aber relativ schnell klar gemacht, dass ich mich nicht verändern lasse, nur um in das Bild der ach so perfekten dünnen Gesellschaft zu passen. Man sollte wirklich ein paar Leute zusammen trommeln, auf die Straße gehen und seinen Standpunkt klar machen. Irgendwer muss doch mal den Anfang machen! Achja, ich mag deinen Blog :>

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  7. Zufällig bin ich auf deinen Blog hier gestoßen und da ich selber dick bin, spricht mir dieser Post ziemlich aus der Seele. Natürlich kenne ich es, ständig bezüglich des Gewichts kritisiert zu werden (sei es offensichtlich oder nicht). Wenn ich als Jugendliche ÄrztInnen wegen Migräne aufgesucht habe, wurde ich wegen meines Gewichts angesprochen, Männer auf der Straße rufen mir (manchmal) Beleidigungen hinterher, alte Damen im Einkaufscenter reden abfällig über mich, wenn ich einen Rock trage, ich bin die mit dem hübschen Gesicht usw. Ich verstehe es nicht. Dicke Menschen sind meiner Meinung nach eine "Rand"gruppe, die mit die meisten Vorurteile ertragen muss. Diese Vorurteile können die meisten von uns, denke ich aber nicht bestätigen. Denn: Meine Blutwerte (und alles was dazu gehört) sind in Ordnung, obwohl ich bestimmt 40kg zu viel wiege, ich esse nicht jeden Tag Fast Food, Chips, Süßigkeiten (im Gegenteil, ich bin Vegetarierin und esse sogar oftmals vegan) ich mag Spaziergänge an der frischen Luft und ich stinke auch nicht.
    Ich frage mich, woher diese Feindseligkeit/seltsame Einstellung gegenüber Dicken kommt und finde sie völlig seltsam. Mittlerweile ist es mir aber egal. Ich find mich cool, und das können nicht mal andere, die schlank sind, von sich behaupten. Wir haben vielleicht einen längeren Weg, um uns Selbstbewusstsein zu erarbeiten, aber die Möglichkeit ist da!

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  8. Wirklich ein super super Artikel!
    Ich kämpfe meinerseit zur Zeit auch damit.
    Ich war immer recht schlank. Weil ich auch klein bin, trug ich Kleidergröße 34 und in 'schlechteren' Zeiten mal 36/38.
    Allerdings hatte meine Mutter immer wiedergewarnt, wenn bei mir ein Bauchansatz zu sehen war. "Mehr darfst du aber wirklich nicht zunehmen!"
    Was soll ich sagen- seit knapp 4 Jahren habe ich arg zugenommen, unter Anderem durch starke Medikamente.
    Ich trage nun Kleidergröße 44 bei einer Körpergröße von 1,59 m.
    So langsam akzeptiere ich mein neues Gewicht. Es fällt mir nur schwer, passende Kleidung zu finden. Wenn ich Kleidung trage, die mir passt und gefällt, macht mir mein Gewicht viel weniger aus. Aber wenn alles kneift oder rutscht, fühle ich mich einfach nicht wohl.
    Schwierig ist die Konstellation, dass meine Mutter Magersüchtig ist. Sie hat sich schwer getan, mich mit dem Gesicht zu akzeptieren. Mitlerweile macht sie mir aber oft Komplimente, weil sie sieht dass ich immer noch gut aussehen kann.
    Wenn sie denn wieder sagt: "Du musst wirklich abnehmen!" entgegne ich "Du musst unbedingt zunehmen!"
    Das macht ihr dann sofort klar, dass solche Kommentare absolut kontraproduktiv sind.

    Mein Freund akzeptiert mich wie ich bin, wobei er sich manchmal ein bisschen lustig macht. Aber nicht im bösartigen, sondern eher auf süße Weise.
    Ich habe ihm aber erklärt, dass es nichts zur Sache tut; dass einfach nicht noch Öl ins Feuer gegossen werden muss. Das hat er verstanden und akzeptiert.

    Ich danke dir für deinen absolut tollen Post! Ich finde deinen Blog wirklich klasse!
    Du hast einen Leser mehr! <3

    http://beautyinsideus.blogspot.com

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